Kultur statt Kohle

Die Studierenden der Geschichts-Leistungskurse im vierten Semester erkundeten die Zeche Zollverein in Essen.

Von Franz Haniel 1847 gegründet galt die Zeche Zollverein als Vorbild für die weitere Kohleförderung in der Region und war zudem eine enorme Stütze einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren im Westen. Die 1961 eröffnete Kokerei war der Höhepunkt der industriellen Entwicklung auf dem Gelände. Beeinflusst durch die Stahl- und Kohlekrise und den damit verbundenen Strukturwandel des Ruhrgebiets kam es 1986 zur Schließung der Zeche. Seit 2001 ist die Zeche UNESCO-Weltkulturerbe.

Die Studierenden konnten in zwei Gruppen, geführt von jeweils einem Guide, äußerst interessante Einblicke im Ruhrmuseum sowie in den Übertageanlagen der Zeche und im Außengelände gewinnen.

Die Führung durch das Ruhrmuseum war sehr gut organisiert und sehr „zeitnah“. Zu Beginn konnte man sich anhand eines anschaulichen Modells einen Überblick über das gesamte Zechengelände verschaffen. Vorbei an alten Werkzeugen wie einem Schlagbohrer oder der ehemaligen Kohlenwäsche, welche man aus nächster Nähe begutachten konnte, wurde schnell klar, welche  Dimensionen der Kohleabbau unter Tage hatte und vor allem welche Arbeit es damals gewesen sein muss, Tag für Tag, Nacht für Nacht, auf Hochbetrieb das ‚Grubengold‘ zu fördern. Des Weiteren waren Restaurierungen und visuelle Veranschaulichungen, Zeitzeugenberichte und real dargestellte Geräuschkulissen sehr aufschlussreich und interessant. Die Größe der gesamten Anlage ließ erahnen, was sich hier vor Jahren abgespielt haben muss.

Die Geländeführung war wie ein Ritt durch die Geschichte, begonnen bei den Anfängen des Kohle-abbaus in den 1840er Jahren über das Zeitalter der Industrialisierung bis zum Niedergang des Steinkohleabbaus seit den 1970er Jahren. Mehr als hundert Jahre lang war Kohle ein wichtiger Rohstoff und enorm wichtig für die deutsche Wirtschaft. Es gab viele Arbeitsplätze, die jedoch ihre Schattenseiten hatten. Die Menschen haben unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen gearbeitet. Da es keinen Arbeitsschutz gab, waren viele Arbeiter, die zum Beispiel unter Tage oder in der Kohlenwäsche gearbeitet haben, taub. In der Wäscherei wurde die Kohle vom Stein getrennt und sortiert sowie gewaschen. Für diesen Vorgang wurden sehr laute und schwere Maschinen genutzt. Zu den schlechten Bedingungen zählte noch, dass es im Sommer in den Hallen sehr heiß und im Winter sehr kalt war.Die Arbeiter unter Tage mussten in der Anfangszeit des Bergbaus ohne Aufzüge in die Schächte gelangen. Es gab nur eine Leiter, an der man in die Tiefe hinuntersteigen musste und dieses geschah im Dunkeln. Dadurch starben viele Bergmänner schon beim Hinuntersteigen.

Im Laufe der Zeit wurden neue Techniken entwickelt, um noch mehr Kohle abzubauen und effizienter zu arbeiten. Je mehr produziert wurde, desto mehr Gestein wurde abgebaut. Für das Gestein wurden Halden errichtet, die die Morphologie des Ruhrgebiets für immer veränderten. Vom Dach der Kohlenwäsche bot sich der Blick auf Essen, Bottrop, Gelsenkirchen und Bochum, umringt von den Halden.

2018 wurde die letzte Zeche im Ruhrgebiet geschlossen, da die Produktion von Steinkohle in Deutschland teurer ist als Importkohle aus China und Australien. Trotz der Schließung der Zechen muss auf ewig das Wasser aus den Stollen herausgepumpt werden. Anderenfalls würden die Stollen einstürzen und die Ruhrgebietsstädte unter Wasser setzen. Als Fazit kann man sagen, dass der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands zur Industrienation ambivalent ist: Er erfolgte auf dem Rücken der Kumpel und auf Kosten der Umwelt.

Ein rundum gelungener Ausflug konnte dann mit einem Snack in der Essener Innenstadt abgerundet werden, bevor es mit dem Zug wieder in Richtung Münster ging. Die Exkursion hinterließ bleibende Eindrücke von der Geschichte des Ruhrgebiets, insbesondere vom Steinkohleabbau, den Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergleute und dem Wandel zu einer Region der Industriekultur. Die Kurslehrerinnen, Frau Badde-Struß und Frau Thies, und die Studierenden waren mehr als zufrieden!

(Text: Alexander Köhler und Nurhan Atabey, Fotos: Morten Lürenbaum)