Projekttage gegen Antisemitismus

Kein Recht auf Gleichgültigkeit: Projekttage gegen Antisemitismus am 25. und 26. Januar 2023

„Ein Recht gestehe ich keinem zu: das Recht auf Gleichgültigkeit“. Dieser Gedanke des Shoa-Überlebenden Eli Wiesel war das Leitmotiv für die Projekttage gegen Antisemitismus, an denen sich Studierende des 4. und 5. Semesters beteiligten.

Die Projekttage begannen mit einer Führung durch die Synagoge in Münster und einem Überblick über die etwa 800jährigen Geschichte der jüdischen Gemeinde in Münster. Dazu gehörte auch die die Zerstörung der alten Synagoge in der Reichspogromnacht  im November 1938 und die Neuerrichtung der Synagoge zu Beginn der 1960er Jahre.
Besonders anschaulich waren für uns die Informationen über die jüdischen Bräuche, Traditionen und Religionspraktiken wie der über den Ablauf eines Gottesdienstes am Schabbat. Viele interessierte Nachfragen rundeten den sehr lebendig gestalteten Besuch in der Jüdischen Gemeinde ab (Informationen über die Jüdische Gemeinde Münster: https://www.jgms.de/).

Im Anschluss daran lernten wir das europaweite Projekt „Stolpersteine“ genauer kennen: Mit den Stolpersteinen – im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln aus Messing – wird des Schicksals der Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus‘ verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Mit Hilfe der „Stolpersteine-App“ kann man sich auf die Suche nach Gedenkorten in Münsters Innenstadt machen und mehr über das traurige Schicksal der Münsteraner:innen erfahren (vgl. z.B. http://www.muenster.org/spurenfinden/stolpersteine/index.php).

Am folgenden Tag beschäftigten wir uns in einem Workshop mit „Antisemitischen Verschwörungserzählungen“, ihrer Entstehung und ihren Merkmalen und erarbeiteten, wem ihre Verbreitung nützt und wem sie schadet.
Konkrete antisemitische Verschwörungsmythen indes ziehen sich in der gesamten Bandbreite von antijudaistischen Vorurteilen und Stereotype durch die Geschichte seit dem Mittelalter. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass diese Form des Antisemitismus in modernen Verschwörungserzählungen heute ebenso ungebrochen kommuniziert wird, meist auf diffusem und schwer identifizierbarem Wege, zudem mit dem „Fake-Anspruch“ der vermeintlichen „Wissenschaftlichkeit“. Am Beispiel des Deutsch-Rappers Kollegah analysierten wir antisemitische Sprache und entlarvten antisemitische Verschwörungserzählungen in Lyrics und Musikvideo.

Am Nachmittag lernten wir den Gedenkort Villa ten Hompel in einer Führung kennen. Die Münsteraner Villa war in der NS-Zeit Sitz der Ordnungspolizei. Von hier aus wurden im Zweiten Weltkrieg die Einsätze der Polizeibataillone in Osteuropa und den Niederlanden befehligt. Wir erhielten Einblicke in die Rolle der Polizei bei der Deportation der jüdischen Bevölkerung und die tiefgreifende Verstrickung der Polizeibataillone in der tausendfachen Ermordung der jüdischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten. Die Ausstellung zeigte uns auch, dass die allermeisten Täter nach dem Krieg ohne Verurteilung blieben und ihren Polizeidienst weiter versahen, die überlebenden Opfer aber größte Schwierigkeiten hatten, eine Anerkennung ihrer erlittenen Qualen und eine Wiedergutmachung ihrer materiellen Verluste zu bekommen. (Weitere Informationen bietet https://www.stadt-muenster.de/villa-ten-hompel/startseite.html).