Studienfahrt Weimar Buchenwald
Stätten der Höhepunkte und Abgründe deutscher Geschichte und Kultur
Am 10. und 11. September 2015 unternahmen wir – 42 Studierende des 5. und 6. Semesters in Begleitung von Amelie Saalfeld, Kristina Thies, Matthias Busch (Studienreferendar), Sven Eichholt (Praktikant) und Dr. Ingo Stöckmann – eine Studienfahrt in die Klassikstadt Weimar, zu der benachbarten Gedenkstätte Buchenwald und zum UNESCO-Weltkulturerbe Wartburg bei Eisenach. Damit traten wir eine Reise der Vielgestaltigkeit und Ambivalenz, der Highlights und der Abgründe deutscher Geschichte und Kultur an.
Schon auf der Fahrt nach Eisenach wurde es geschichtlich, denn wir besichtigten Reste der ehemaligen DDR-Grenzbefestigungsanlagen. Nach Ankunft und Mittagessen wurde eine Stadtbesichtigung unternommen. In zwei Gruppen entdeckten wir die Stadt und ihre Museen: Das Weimarer Schloss, der Marktplatz mit dem Hotel Elefant, der Theaterplatz mit dem Goethe-Schiller-Denkmal und dem Weimarer Theater waren ebenso Ziel wie das Goethe-Nationalmuseum. Die dort gewonnenen Eindrücke wurden durch den Besuch der beiden Wohnhäuser der in Weimar ansässigen „Dichterfürsten“ Goethe und Schiller vertieft, wobei deren unterschiedliche lebensgeschichtliche Situation und Mentalität vor dem Hintergrund der „Weimarer Klassik“ evident hervortraten.
Der Stadtrundgang durch Weimar führte uns Schauplätze der ersten parlamentarisch-demokratischen Republik auf deutschem Boden vor Augen, die nach ihrem Gründungsort „Weimarer Republik“ benannt ist. Gleichzeitig erlebten wir Stätten der verhängnisvollen NS-Geschichte der Stadt sowie künstlerische Höhepunkte Weimars wie die „Bauhaus“-Kunstschule und die einflussreiche Weimarer Musikhochschule. Wer Lust hatte, konnte zu dem Gartenhaus Goethes oder die Römische Villa spazieren oder im Café die Eindrücke nachwirken lassen. Die Erlebnisse haben wir dann in gemeinsamer Runde abends in einem türkischen Restaurant „nachbesprochen“.
Umso grausiger war am folgenden Tag der Besuch der nur acht Kilometer entfernten Gedenkstätte Buchenwald, an der die Erinnerung an das Gräuel des nationalsozialistischen Konzentrationslagers (1937 bis 1945) und an das sowjetische Speziallager (1945 bis 1950) durch die Gedenkstättenarbeit wach gehalten wird. Besonders eindrücklich war das DDR-Mahnmal auf dem Ettersberg, das wir im kühlen Morgennebel abwanderten. Die Gedenkstätte mit dem Lagertor und dem Bereich des Krematoriums und der Pathologie machte betroffen und lud zum stillen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Am Denkmal für die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald wurde für alle fassbar der Satz aus der „Todesfuge“ von Paul Celan: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.“
Auf der Wartburg bei Eisenach, dem besterhaltenen romanischen Profanbau nördlich der Alpen, informierten wir uns schließlich über Lebensbedingungen in einer mittelalterlichen Burg, wir nahmen die „Lutherstube“ in Augenschein, in der Martin Luther 1521/22 die Bibel ins Deutsche übersetzte, und den Rittersaal, in dem an das „Wartburgfest“ vom Jahre 1817 erinnert wird. Irritierend wirkte die romantisch-historistische Innenausstattung der Wartburg, mit der die unter Kaiser Wilhelm II. charakteristische Verherrlichung deutschnationaler Geschichtsbilder – wie zum Beispiel die Elisabeth-Legende und das Sängerfest auf der Wartburg – im Zuge der nationalen Identitätsfindung des 19. Jahrhunderts sichtbaren Ausdruck fanden.
Die Fahrt war für uns alle nicht nur lehrreich, sondern stellte auch – kurz vor Ende der Schullaufbahn – einen gelungen Abschluss dar, der mit gemeinsamem „Er-Leben“ verbunden war. (Ingo Stöckmann)