Widerstand im Nationalsozialismus

Eröffnungsfeier der Ausstellung zum Widerstand im Nationalsozialismus: „Was konnten sie tun? – Was können wir tun?“

Die Wanderausstellung der ‚Stiftung 20. Juli 1944‘ und der ‚Gedenkstätte Deutscher Widerstand‘ in Berlin, „Was konnten sie tun? Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1939–1945“, wurde am 5. Februar 2019 feierlich am Overberg-Kolleg, dem Weiterbildungskolleg des Bistums Münster eröffnet. Organisiert hatte dies die AG ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘, die die Ausstellung zum Anlass nehmen wollte, um sich kritisch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und damit einhergehend auch mit der eigenen politischen Gegenwart auseinanderzusetzen. Die Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit gehöre nicht auf die Müllhalde der Geschichte, sondern sei eine kulturelle Errungenschaft, für deren Bewahrung jede*r Einzelne Verantwortung übernehmen müsse.

Kollegleiter Ansgar Heskamp betonte dies auch in seiner Eröffnungsrede. Angesichts des abnehmenden gesellschaftlichen Rückhaltes für die Erinnerungskultur sei die Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit eine Herausforderung, der sich das Overberg-Kolleg stellen müsse und wolle. Aus dieser Erinnerung ließen sich bedeutsame Erkenntnisse für das Verstehen der eigenen Gegenwart und für die Gestaltung der Zukunft ziehen, denn ohne Erinnerung gäbe es „weder Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft.“

Im Anschluss an die Begrüßung riefen Studierende des 5. und 6. Semesters Gedanken an ihren Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald Ende Januar in Erinnerung. Adrian Battenberg entsann sich des bedrückenden Gefühls, mit dem Bus dieselbe Lagerstraße hochgefahren zu sein, auf der auch schon in der Nazizeit die KZ-Gefangenen den Ettersberg hochgetrieben worden waren. Inmitten der verschneiten Landschaft dann das Lagertor mit der zynischen Inschrift „Jedem das Seine“…  André Schulte erinnerte an die Opferzahlen und die Begehung des KZ-Geländes mit dem Krematorium: „Betroffenheit und Ungläubigkeit“ seien in den Gesichtern zu lesen gewesen angesichts der Begegnung mit den Stätten des Terrors. Bewegend war das Innehalten an der Gedenktafel in Buchenwald: Lukas Wacker zitierte Verse von Wolfgang Borchert, in denen zum Widerstand gegen Krieg und Gewalt aufgerufen wird: „Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie Dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag Nein!“ Paula Többen verlas persönliche Gedanken angesichts des Grauens: dass Menschen zu „Un“-Menschen degradiert wurden, Leid erfahren und unter grausigen Umständen sterben mussten. Sie charakterisierte die heutige Lebenssituation im Vergleich dazu als „Geschenk von unschätzbarem Wert“. Carolin Leuderalbert zeigte sich in ihren Worten zutiefst erschreckt von ihrer ersten realen Begegnung mit einer KZ-Gedenkstätte. Sie hatte „irgendwie das Gefühl, es hat einen Wert, da zu stehen und an die Menschen zu denken, die in Buchenwald so sehr leiden mussten“. Als Gesellschaft müssten wir „darüber einig sein, welche Grenzen niemals überschritten werden dürfen“.

Unter der Fragestellung „Was konnten sie tun? – Was können wir tun?“ setzten sich David Ilskensmeier und Lisa Schmidthaus anschließend mit dem Widerstand und der Bedeutung für uns heute auseinander. Auch die Ausstellung zeige, wie vielgestaltig der Widerstand und seine Protagonist*innen und Artikulationsformen gewesen seien, warum die Widerständler*innen letztlich tragisch hätten scheitern müssen. Aber als Vorbild könne das Beispiel des Widerstands im Nationalsozialismus für uns dienen; man könne hoffnungsfroh „mutig sein, sich einmischen, von der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, Verantwortung übernehmen“, die „Welt als Bühne verstehen, auf der jeder von uns eine Schlüsselrolle spielt“ im Widerstand gegen Rassismus und Gewalt. „Freiheit, Liebe und Frieden“ müsse die Grundlage des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft sein.

Gastredner Heiko Klare von der Villa ten Hompel ließ die Overbergianer*innen im Anschluss an die eindringlichen Berichte der Studierenden des 5. und 6. Semesters an seinen Gedanken über die Bedeutung des Widerstands teilhaben. Historiker*innen hätten sich bei der Erforschung des Widerstands lange Zeit nur auf die großen Männer und Frauen, die Stauffenbergs und die Sophie Scholls, konzentriert und damit auch den öffentlichen Diskurs geprägt. Besonders Augenmerk verdienten aber die vielen, stillen Held*innen, die im Kleinen halfen und nach Kriegsende still blieben. Diese Menschen, die unter Lebensgefahr ihre Handlungsspielräume aus einer weltanschaulichen und/oder politischen Haltung heraus oder aus spontanem Mitgefühl nutzten, um etwa Blindenwerkstätten einzurichten oder Deutsche jüdischer Konfession zu verstecken, mahnten uns heute, unsere Handlungsspielräume zu nutzen. Dies bedeute, in alltäglichen Situationen im Kollegium, auf dem Schulhof, im Supermarkt und in den Familien Courage zu zeigen und für die im Grundgesetz und in der Erklärung der Menschenrechte festverankerten Werte einzutreten.

Ausgehend von den viel zitierten Zeilen des führenden Kopfes der Bekennenden Kirche Martin Niemöller – „Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte“ – lud Simon Exler von der AG ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ die Anwesenden zu einem Statement ein. Er verteilte Sticker mit den Aufschriften Haltung zeigen! – Stellung beziehen! – Vielfalt leben!, die nun als Zeichen der aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs auf Collegeblöcken, Smartphone-Cases und Schulkalendern kleben. Aus der Eröffnungsfeier heraus begleitete David Ilskensmeier am Klavier mit der Musik aus dem Film ‚Schindlers Liste‘.

Der Ausstellungskatalog kann für 3 Euro im Lehrerzimmer erworben werden. Der Erlös kommt unserer Partnerschule in Togo zu Gute.

(Stöckmann/Thies)